04-08-18 01:35:00,
Das Folgende ist eine leicht veränderte Version eines Artikels, der bereits in neue-debatte.com erschienen ist, damals unter Mitgestaltung des Editors Herrn Gunter Sosna. Ursprünglich war dieser Beitrag ein Referat, das vor einem psychologischen Fachpublikum auf einer Tagung gehalten wurde.
Traditionell dienen Psychologie und Psychotherapie dazu, den einzelnen Menschen Möglichkeiten und Verantwortung für Misslichkeiten (zurück) zu geben, wo sie sie verloren haben oder dies glauben. Das ist ja nicht rundweg verkehrt.
Mir geht es aber darum, aus einem psychologischen Ansatz eine Richtung abzuleiten, wie wir aus der nur individuellen Verantwortung herauskommen, um Gesellschaftliches zu verändern, das uns als einzelne Menschen deformiert.
Ich greife unter den vielen Theorie- und Therapieansätzen die „Akzeptanz- und Commitment-Therapie“ (ACT) heraus. Es handelt sich um eine aus dem Neobehaviorismus entstandene und mit einer Fortentwicklung aus ihm begründete Therapiemethode, die wie kaum eine andere Werte ins Zentrum der Betrachtungen stellt. Persönliche Werte, die wichtiger und für die Therapie aussichtsreicher sind, als die Irrwege und Symptome, die uns oft beschäftigen.
Werte geben unserem Wirken eine Richtung, die vereinbar ist mit unserer langfristigen Perspektive als einzelne Menschen und mit einer gemeinschaftlichen Perspektive, da wir von Anfang an soziale Wesen sind. Werte können an Zielen festgemacht werden, gehen aber immer über Ziele hinaus, enden praktisch nie, geben unserem Handeln einen dauerhaften Sinn.
Menschen können sich in Problemen verheddern, sind manchmal so damit beschäftigt, sie loszuwerden, dass sie sie nur noch verschlimmern. ACT versucht ihnen zu helfen, sich von dieser negativen Orientierung zu lösen und sich wieder ihren Werten zuzuwenden oder sie erst mal für sich zu klären.
1.1 Pragmatismus
Ich vertrete und mische mich ins Leben mit einem pragmatistischen Ansatz.
Eine pragmatistische Herangehensweise an alles bedeutet, dass ich mir immer bewusst bin, dass ich nichts erkennen kann, ohne dass ich eingreife. Das fragende bis zweifelnde Betrachten einer Beziehung mit einem Menschen greift ein, das diagnostisch motivierte Gespräch mit einem Patienten greift ein und das Unterlassen politischer Einmischung greift ein. Letzteres, indem es das Mitwirken unterlässt, vergleichbar mit dem Nicht-Helfen, wenn man am Straßenrand einen Verletzten einfach seinem Schicksal überlässt. Auch das ist Eingreifen, obwohl man oder gerade weil man nichts tut.
Doch ohne Erkennen ist auch Eingreifen unsinnig. Erkennen und Eingreifen brauchen einander. Wir sind in jedem Augenblick handelnde Wesen, schon in unserer Verteilung und Gewichtung von Aufmerksamkeit.