27-09-18 08:42:00,
Jeremy Corbyn bei seiner Abschlussrede auf dem Parteitag. Bild: Screenshot aus dem Labour-Video
Auf dem Parteitag ging es nicht nur um de Brexit, sondern auch um die programmatische Absetzung vom Neoliberalismus, was auch Freihandelsabkommen betrifft
In Liverpool ging am Mittwoch der Parteitag der britischen Labour-Partei zu Ende. Im deutschsprachigen Ausland dominierte die konfliktträchtige und auch nach Abschluss der Konferenz nicht vollständig geklärte Haltung Labours zur Brexit-Frage die Berichterstattung. Dabei kam zu kurz, dass in Liverpool Programmpunkte vorgestellt wurden, welche die neoliberale (Un-)Ordnung Großbritanniens und im weiteren Sinne auch jene Europas in Frage stellen könnten.
Am deutlichsten zeigte sich dies beim Thema der Wasserversorgung. Diese wurde 1989 von der konservativen Thatcher-Regierung gegen den Willen eines Großteils der britischen Bevölkerung privatisiert. So unbeliebt war die Privatisierung schon damals, dass die Tories deren Einführung in den 1980er Jahren zweimal verschoben hatten, um mögliche Niederlagen bei Parlamentswahlen zu vermeiden.
Heute wird die Wasserversorgung in England und Wales durch multinationale Großkonzerne betrieben. Die viel beschworene Effizienz ist dabei nicht sichtbar. In vielen Städten gibt es zahlreiche Leckagen. In einem kurz vor dem Parteitag veröffentlichten Strategiepapier mit dem Titel “Clear Water: Labour’s Vision for a Modern and Transparent Publicly-Owned Water System” weist die Partei auf weitere durch die Privatisierung verursachte Probleme hin.
So seien die Kosten für den Endverbraucher im Laufe der vergangenen 25 Jahre um 40% gestiegen. Derweil hätten die Betreiberkonzerne in den letzten zehn Jahren Dividenden im Wert von 18 Milliarden Pfund an ihre Aktionäre ausgeschüttet. Dieses Geld, so argumentiert das Strategiepapier, hätte man stattdessen in die Infrastruktur stecken oder zur Senkung der Verbraucherpreise nutzen können. Stattdessen seien Investitionen in die Infrastruktur zwischen 1990 und 2018 massiv gesunken, obwohl 20% des Leitungswassers durch Leckagen verloren gehe. Für diese “Leistung” seien die Chefs der Wasserkonzerne im Durchschnitt mit einer Million Pfund pro Jahr bezahlt worden.
“Demokratischer öffentlicher Besitz”
In seiner Parteitagsrede vom Montag, den 24. September, kündigte Labours wirtschaftspolitischer Sprecher John McDonnell die Verstaatlichung der britischen Wasserversorgung durch die nächste Labour-Regierung an. Das oben erwähnte Strategiepapier soll beschreiben, wie dies funktionieren könnte.
Angedacht ist demnach eine Regionalisierung der Wasserversorgung, die an “Regional Water Authorities” übertragen werden soll. Dies soll durch ein im Parlament beschlossenes neues Gesetz in die Wege geleitet werden.