20-11-18 08:51:00,
20. November 2018 um 8:40 Uhr | Verantwortlich: Redaktion
Das moralische Ozonloch
Veröffentlicht in: Innen- und Gesellschaftspolitik, Wertedebatte
Götz Eisenberg hat den NachDenkSeiten einen Text („Das moralische Ozonloch“) überlassen, der ein grundlegendes Problem behandelt – die Frage nämlich, welche Auswirkungen unser Wirtschaftssystem und seine Regeln auf unser Verhalten und auf unsere Moral haben. Der Text ist am 17. November im Gießener Anzeiger erschienen. Die NachDenkSeiten wollen ihn als Denkanstoß multiplizieren. Es lohnt sich, darüber nachzudenken und in den Blick zu nehmen, dass die Wirtschaftsweise die Moral und den Umgang unter uns prägen. Wie gut wir leben, hängt wesentlich davon ab, wie wir miteinander umgehen. Albrecht Müller.
Wenn ein System auf dem Glauben aufbaut, jeder sei seines Glückes Schmied, dann verhalten sich die Menschen tendenziell dementsprechend, nicht nur als Wirtschaftssubjekte, sondern oft auch im privaten Leben, im Wohnzimmer und auf dem Fußballplatz, in der Straßenbahn und auf der Straße. Wenn die Gesellschaft akzeptiert und in sich aufgenommen hat, dass Solidarität ein wichtiges Teilelement des gesellschaftlichen Zusammenlebens ist, wenn diese Vorstellung sogar die Stammtische erreicht, dann werden die Menschen tendenziell anders miteinander umgehen. Alles kommt darauf an, welche Werte und welches Verhalten hoffähig und bestimmend sind.
Darüber zu sprechen und zu streiten lohnt sich. Deshalb kommen demnächst dazu ein paar weitere Gedanken auf den NachDenkSeiten. Heute aber, quasi zum Anpfiff, der Text von Götz Eisenberg:
Das moralische Ozonloch
Markt und Moral verhalten sich umgekehrt proportional zueinander: Je mehr Markt, desto weniger Moral. Die kapitalistische Modernisierung zehrt von einer Moral, sie sie verschleißt und innerhalb ihrer Funktionsgesetzlichkeiten selbst nicht produziert. Der Markt verhält sich zu diesen Moralbeständen wie die Industrie zu den fossilen Brennstoffen: Sie werden im Zuge ihrer Expansion aufgezehrt. Moral ist aber für den Zusammenhalt und das Funktionieren einer Gesellschaft, wie wir sie kennen, unverzichtbar. Die im Namen des Neoliberalismus betriebene Deregulierung von Sozialstaat, Wirtschaft und Gesellschaft geht mit einer psychischen und moralischen Deregulierung einher, so dass wir uns nicht wundern dürfen, wenn die Waren- und Geldsubjekte mehr und mehr moralisch verwildern. Wenn wir nicht energisch gegensteuern und für eine soziale und moralische Veränderung der Gesellschaft sorgen, werden Polizeistaat und digitale Kontrollnetze über uns kommen.
Anmerkungen und Beobachtungen von Götz Eisenberg
Samstags gehe ich auf den Wochenmarkt.