Die Kreuzigung

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23-11-18 02:02:00,

Julian Assanges Zufluchtsstätte in der ecuadorianischen Botschaft in London verkommt zunehmend zu einem kleinen Horrorkabinett. In den letzten sieben Monaten konnte er kaum mit der Außenwelt kommunizieren. Seine ecuadorianische Staatsbürgerschaft, die ihm als Asylsuchendem gewährt wurde, soll widerrufen werden. Sein Gesundheitszustand verschlechtert sich, medizinische Hilfe wird ihm jedoch verweigert.

Durch seinen Maulkorb werden seine Bemühungen um Rechtsbeistand bis heute vereitelt. Diese Knebelung bedeutete auch, dass Ecuador ihm untersagt hat, im Kampf gegen die Widerrufung seiner Staatsbürgerschaft seine Lebensumstände in der ecuadorianischen Botschaft publik zu machen.

Der australische Premierminister Scott Morrison weigerte sich, zugunsten von Assange, einem australischen Staatsbürger, einzugreifen — obwohl die neue Regierung Ecuadors, angeführt durch Präsident Lenín Moreno, der Assange als ein „geerbtes Problem“ und als Hindernis für bessere Beziehungen mit Washington bezeichnet, dafür sorgt, dem WikiLeaks-Gründer das Leben zur Hölle zu machen. Fast täglich erlegt die Botschaft Assange immer noch härtere Bedingungen auf. So soll er beispielsweise seine Arztrechnungen selbst bezahlen, obskuren Anweisungen folgend seine Katze versorgen und verschiedene demütigende Arbeiten im Haushalt verrichten.

Die Ecuadorianer sind unschlüssig, ob sie Assange ausweisen sollen, nachdem sie ihm politisches Asyl sowie die Staatsbürgerschaft gewährt haben. Also verfolgen sie nun die Strategie, ihm das Leben so schwer zu machen, dass er aus freien Stücken die Botschaft verlässt, um von den Briten festgenommen und in die USA ausgewiesen zu werden. Der frühere Präsident Ecuadors, Rafael Correa, dessen Regierung dem WikiLeaks-Herausgeber politisches Asyl gewährt hatte, beschreibt Assanges derzeitige Lebensbedingungen als „Folter“.

Seine Mutter, Christine Assange, sagte kürzlich in einem Video-Appell : „Obwohl Julian ein vielfach ausgezeichneter Journalist ist, der im öffentlichen Interesse schwere Verbrechen und Korruption auf höchster Ebene aufgedeckt hat und dafür geliebt und geachtet wird, ist er nun ganz alleine, krank, und hat Schmerzen — zum Schweigen gebracht in Einzelhaft, abgeschnitten von jeglichem Kontakt, gefoltert mitten im Herzen Londons. Heute werden politische Gefangene nicht mehr in den Tower von London geworfen — die ecuadorianische Botschaft erfüllt nun diesen Zweck.“

„Hier sind die Fakten“, fuhr sie fort. „Julian wurde bis jetzt fast acht Jahre lang ohne Anklage festgehalten. Ja, das ist richtig — ohne Anklage. In den vergangenen sechs Jahren hat die britische Regierung sich geweigert, seiner Bitte um Möglichkeiten zur Befriedigung grundlegender gesundheitlicher Bedürfnisse — wie frische Luft, Bewegung, Sonne für Vitamin D, ordentliche zahnärztliche und ärztliche Versorgung — nachzukommen.

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