Vestager hui, Weber pfui?

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31-05-19 04:33:00,

“The Power of Weber”? Die Aussichten haben sich verändert: Manfred Weber, Annegret Kramp-Karrenbauer und Ursula von der Leyen. Foto (April 2029): Europäische Volkspartei / CC BY 2.0

Was hinter dem deutsch-französischen Streit über die Spitzenkandidaten steckt – und wie die Staats- und Regierungschefs der EU das Ergebnis der Europawahl manipulieren wollen

Für die meisten deutschen Europaabgeordneten steht der Schuldige schon fest: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron steckt dahinter, wenn es nach der Europawahl nicht schnell zur Einigung auf den nächsten EU-Kommissionschef kommt. Aus purer Machtgier wolle der Pariser “Sonnenkönig” die Nominierung eines Spitzenkandidaten für die Nachfolge von Jean-Claude Juncker verhindern, beschwerten sich die EU-Parlamentarier nach dem Sondergipfel am Dienstag in Brüssel.

Das Vorgehen von Macron und seinen Liberalen sei abenteuerlich, sagte der Chef der CDU/CSU-Gruppe, Daniel Caspary. Auch SPD-Gruppenchef Jens Geier kritisierte Macrons Vorgehen und warnte: “Wir werden jeden Kandidaten durchfallen lassen, der sich nicht als Spitzenkandidat zur Wahl gestellt hat.” Dabei denkt Geier wohl vor allem an die dänische Liberale Margrethe Vestager. Sie wird von Macron unterstützt, trat jedoch in einem mehrköpfigen “Europa-Team” an – und nicht als einsame “Spitze”.

“Spitzenkandidaten”: Eine Erfindung von Martin Schulz

Doch die Sache ist nicht so einfach, wie es die Deutschen gern darstellen. Das fängt schon damit an, dass die Spitzenkandidaten eine Erfindung des früheren EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz (SPD) sind, der sie aus dem deutschen Wahlsystem nach Brüssel verpflanzt hat. Im EU-Vertrag werden die “Spitzen” mit keinem Wort erwähnt. Zudem gibt es bis heute keine Definition, was überhaupt ein europäischer Spitzenkandidat sein soll. Selbst das Europaparlament hat damit seine liebe Mühe.

Muß man eine Liste anführen – oder reicht es, an TV-Shows des Europaparlaments teilzunehmen, wie Vestager? Muß es eine einzige Spitze sein – oder dürfen es auch zwei sein, wie bei Grünen und Linken? Das Europaparlament legt sich nicht fest. In einer am Dienstag (nach der Wahl!) veröffentlichten Erklärung heißt es lediglich, dass “der nächste Kommissionschef sein Programm und seine Persönlichkeit vor den Wahlen bekannt gemacht” haben und sich “in einer europaweiten Kampagne engagiert” haben muß. Dieser Gummiparagraph passt sogar auf Vestager.

In Wahrheit geht es bei dem Streit denn auch gar nicht um die “Spitzen”, sondern um einen doppelten Machtkampf: Zwischen Deutschland und Frankreich einerseits, und zwischen dem Europaparlament und dem Rat –

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