Jenseits der Wahrheit

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15-02-20 10:11:00,

Alle Kriegsfilme haben denselben Plot: der Zuschauer überlebt.
Jay Hyams, War Movies

Die Rückkehr, so lautete Beagles Titel für das Vietnam-Szenario. Es war aber immer noch nicht ganz ausgereift.

Apocalypse Red war ein Schlachtplan: einmarschieren und die Reste der UdSSR zerschlagen.

Seiner Meinung nach war das Kino par excellence. Stoff für ein richtiges David-Lean-Breitwandepos. Doktor Schiwago und Reds. Riesige Armeen zogen über die flachen, vollkommen weißen Steppen. Panzer, Raketen, der Himmel voller Kampfflugzeuge, Gewehrfeuer, grelle Farbexplosionen auf Schnee. Wenn Coppolas Filme wie italienische Opern waren, dann würde das hier eine russische Oper werden. Größer, aufwendiger und unendlich tiefgründiger.

Allerdings auch sehr problematisch. So unorganisiert die Russen auch waren, noch hatten sie Atomwaffen. Beagles Frau und alle ihre Freunde machten sich große Sorgen wegen der Ökologie und der Verbreitung von Atomwaffen. Beagle wollte sich nicht in Dr. Seltsam verwandeln, einen Irren, der bereit war, den ersten nuklearen Winter oder den Weltuntergang auszulösen.

Er wandte sich den Bildschirmen zu. Schwarz auf schwarz. Vielleicht waren Terroristen die Lösung. Wenn die Videothekare ihre Arbeit getan hatten, und sie waren wirklich gut darin, dann konnte er Material mit Hilfe von Stichwörtern aufrufen. Er begann mit Nachrichten. Ließ sie auf irgendeinem freien Bildschirm laufen, sah sie nach dem Zufallsprinzip an, verschaffte sich einen Eindruck. Die Terroristen waren meistens Araber. Beagle sah sich die CBS-Rekonstruktion des Bombenattentats auf den Pan-Am-Jet über Lockerbie an. Bilder von der Achille Lauro. Ein Flugzeug am Boden in Ägypten, Terroristen und Geiseln an Bord. Unschuldige tot in einem Flughafen. Filme: Gegenangriffe durch Delta Force, Navy Seals, durch Eingreiftruppen, das FBI, Chuck Norris, Interpol, Vietnamveteranen, Bruce Willis, bionische Sexbomben (1).

Im Hinterzimmer fragte sich Teddy Brody, was zum Teufel Linc vorhatte. Bisher hatte es sich um Kriegsfilme gehandelt, Kriegsfilme und Dokumentarmaterial aus diversen Kriegen. Und jetzt das. Teddy hatte sich Notizen gemacht und die Filme katalogisiert. Und er hatte recherchiert. Von den circa fünfzig Büchern, die er gelesen hatte, hatte ihn Jeanine Basingers The World War II Combat Film: Anatomy of a Genre am meisten fasziniert, weil sich darin eine Formel für solche Filme fand. Vielleicht könnte er ein Drehbuch schreiben, wenn er sich streng an diese Formel hielt.

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