26-02-20 10:39:00,
von Kurt Gostentschnigg
Die Vorfreude auf die geplante einwöchige, von einem albanischen Teilnehmer privat finanzierte Expedition ins albanische Hochland wurde nur durch die Tatsache getrübt, dass nicht alle dafür vorgesehenen Albanologenkollegen und –freunde dabei sein konnten. Schließlich nahmen sieben Personen daran teil: zwei Albaner aus Kosova, zwei Albaner aus Mazedonien, ein Deutscher, ein Ungar und ein Österreicher. Ich verstand es als reine Urlaubsreise, weil ich aufgrund der letzten vier forschungsbedingten urlaubslosen Jahre eine solche wirklich schon dringend nötig hatte. Im Laufe der Expedition wurde mir klar, dass meine Kollegen sie immer mehr als Forschungsreise auffassten und eine gemeinsame Publikation planten, zu der ein jeder Teilnehmer eine Art persönlichen Bericht beisteuern sollte.
Wissenschaftlich unvorbereitet, wie ich in die Reise hineingegangen war, konnte ich für die Verfassung dieses Berichtes nur auf die mir zu Beginn selbst auferlegten Aufgaben zurückgreifen: erstens die Dynamik unserer Gruppe durch Fotos und Videos von den einzelnen Teilnehmern und der ganzen Gruppe zu dokumentieren; am Ende sollte ich dann mit der inflationären Anzahl von 796 Fotos und 107 Videos dastehen, weil ich auch meine Naturverliebtheit — Landschaften, Wälder, Berge, Flüsse und Bäume — auf diese Weise festgehalten hatte; zweitens meine innere Dynamik in Form von verschiedenen Reflexionen zu dokumentieren.
Die Expedition begann in Südwestkosova mit dem Aufbruch von Prizren und einer ersten wundervollen Bergwanderung in Zaplluzh, Opoje, Gemeinde Dragash. Weiter ging es über Junik nach Gjakova, Rrafsh i Dukagjinit, und von dort nach Nordalbanien, wo wir in den folgenden Tagen der Reihe nach Valbona, Theth und Kelmend besuchen und bewandern sollten. Unterwegs nahmen wir ein kühlendes Fußbad in einem Gebirgsbach, manche badeten auch ganz darin. Während mir Valbona und Theth wie die österreichischen Alpen in Tirol erschienen, so war Kelmend für mich wie eine Kombination aus der Obersteiermark — hohe Berggipfel im Hintergrund — und Südweststeiermark — hügelige „Toskana“-Landschaft mit Bächen, saftigen Wiesen, Obstbäumen und Mischwäldern. Das Abendessen in Valbona war begleitet vom traditionellen Männergesang mit Lahuta und Çifteli, wobei ich von der übermächtigen Wirkung der Stimmen und Instrumente innerlich so sehr ergriffen war, dass mir die Tränen in die Augen traten.
In der „Kulla e ngujimeve“, dem Wehrhaus der Verschanzung, in Theth lauschten wir ehrfurchtsvoll den Erzählungen des Nachkommens der Wächter der Kulla, sodass ich erst gegen Ende zu filmen wagte. Theth ist für mich der König des albanischen Hochlands.