15. Mai 2018 um 9:40 Uhr | Verantwortlich: Tobias Riegel
Bei vielen Affären in jüngerer Vergangenheit wurde durch mediale Wiederholung eine nicht von Beweisen gestützte Version der Ereignisse erzeugt. War das gewünschte Bild installiert, wurde die Berichterstattung – ohne neue Entwicklungen zu berücksichtigen – jäh abgebrochen und die erzeugte Botschaft im kollektiven Gedächtnis „geparkt“. Dort können die Kampagnen bei Bedarf jederzeit reaktiviert werden. Von Tobias Riegel.
Es ist nur wenige Wochen her, da schien es, als sei international kein Thema bedeutsamer als ein mutmaßlicher Giftanschlag auf den in Großbritannien lebenden russischen Doppelagenten Sergej Skripal. Aufbauend auf der Medienkampagne zum Thema Skripal konnten Wirtschaftssanktionen und militärische Aggressionen gegen den angeblichen Täter Russland gefordert und wochenlang eine weltweite Atmosphäre der Spannung – und der Ablenkung – geschaffen werden.
Und dann? Kaum war die Vorverurteilung Russlands durch die Wiederholung unbelegter Anschuldigungen und die falsche Auslegung von Untersuchungsberichten medial installiert, kehrte ein plötzliches Schweigen ein, das bis heute anhält. Darum erfahren die deutschen Medienkonsumenten nicht, dass etwa die britischen Geheimdienste kürzlich einräumen mussten, dass sie keinen einzigen Verdächtigen im Fall Skripal benennen können. Zwar hatten auch deutsche Medien das Gegenteil verbreitet – aber über das Eingeständnis des britischen Nationalen Sicherheitsberaters Sir Mark Sedwill haben sie dann kein Wort verloren.
Emotionen ersetzen Erkenntnisse – Fakten werden nicht nachgereicht
Ähnlich war es bei den Sniper-Schüssen auf dem Kiewer Maidan-Platz 2014, beim Abschuss der Passagiermaschine MH17 über der Ukraine im selben Jahr und zu weiten Teilen bei den Kampagnen zum russischen Doping und Computer-Hacking: Bei allen diesen Affären wurde zunächst durch massive mediale Wiederholung eine weitgehend nicht von Beweisen, sondern Emotionen gestützte Version der Ereignisse erzeugt. War die gewünschte Botschaft installiert, wurde die Berichterstattung jäh abgebrochen und das erzeugte Bild im kollektiven Gedächtnis „geparkt“.
Read More “Skripal, Giftgas, Hacking, Doping – Strategien der Spannung und das große Schweigen danach”